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Femeiche

Femeiche

Nach der Gerechtigkeit kommt die Barmherzigkeit (Gernot Candolini)

Bäume galten schon immer als Symbol für das Leben. Konzepte vom „Baum des Lebens“ und vom „Baum der Erkenntnis“ sind Lebenskonzepte. Bewusst oder unbewusst sind wir mit einem dieser Konzepte verbunden.

Der Baum der Erkenntnis für zum direkten Erleben von sog. guten bzw. vermeintlich schlechten Erlebnissen: Das Leben geht auf und ab. Glück und Pech wechseln sich in scheinbar willkürlicher Reihenfolge ab, ein Fluch wird zum Segen, großes Glück verwandelt sich in unerträglichen Schmerz. Wir alle kennen dieses Konzept. Die Menschheit ist seit dem sog. „Sündenfall“ mit dem Baum der Erkenntnis eng verbunden. Er symbolisiert in besonderer Weise das Leben in der Dualität. Die Folgen von trennenden Denkstrukturen, Unterteilungen in gut und böse, schön und hässlich, geben und und nehmen etc. führen zu Ausgrenzungen, Stigmatisierungen und Wettbewerb. Auch die Thematik von Tätern und Opfern gehört in den Bereich der Dualität.

Eichen wurden nicht grundlos als Gerichtsstätten gewählt. Die Kraft der Eiche ist in besonderer Weise eine duale Kraft. Die Eiche galt einst als Weltenbaum, als Baum der Mitte, der männliche und weibliche Kräfte vereint. So ist die Eiche ein sehr nährender weiblicher Baum, sie verfügt aber zugleich über eine stark ordnende Kraft. So hoffte man, dass man unter der Eiche Rechtsangelegenheiten wieder ins Gleichgewicht bringen konnte.

Unsere Vorfahren hörten noch den göttlichen Ratsschluss im Rauschen gewaltiger Eichenhaine, die es früher im mitteleuropäischen Raum gab. Im ersten Buch Mose lesen wir, dass Abraham bei den Eichen von Mamre lebte und unter einer Eiche von Gott „heimgesucht“ wurde. Derartige Praktiken fielen der Christianisierung zum Opfer- damit ging die Rodung der Eichenhaine einher.

Die Femeiche in Erle diente bis zum Jahre 1589 als offizielle Gerichtsstätte. Sie ist einer der ältesten Bäume in Deutschland und wird auf ein Alter zwischen 600 und 1.500 Jahren geschätzt. Der Volksmund nennt sie auch dusendjohrige Eke, die tausendjährige Eiche.

Dem Besucher hat sie weit mehr zu erzählen als die interessanten touristischen Hinweisschilder es erahnen lassen. Die Natur zeichnet alle Geschehnisse auf. So können Menschen, die sich auf diesen Ort einstimmen, seinen Geschichten lauschen. Es ist nichts verloren gegangen.

Bäume erinnern unsere Seele an ihre eigentliche Aufgabe, dem Streben nach Transformation und Ausdehnung, dem persönlichen Wachstum im Einklang mit der Umwelt und der Erhebung über die eigenen Schwächen. Knüpfen wir an diese Aspekte an, können wir uns unmittelbar vom Konzept des Baumes der Erkenntnis befreien und uns mit dem Baum des Lebens verbinden.

Hier findet verurteilendes Denken sein Ende, das Leben ist wieder in seiner ursprünglichen Ganzheit erfahrbar. Bäume sind zugleich Sitz von Wesenheiten, die uns bei dieser Entwicklung hilfreich zur Seite stehen können. Denn der „Baum des Lebens“ wurde vor den Menschen nicht in einem verborgenen Garten versteckt, um die Menschen zu bestrafen. Wir können jederzeit zu ihm zurückkehren, wenn wir auf Verurteilungen verzichten und das Gefühl des Getrenntseins aufgeben können. Dann spüren wir wieder das Leben in seiner grenzenlosen Allmacht und Fülle.

Diese Möglichkeit ist wesentlich mehr als ein schöngeistiges Konzept, das nur von einigen wenigen Auserwählten verwirklicht werden kann: Die Thematik von Tätern und Opfern zeigt uns,  wie die Überwindung der Dualität praktisch werden kann.

Die Rollen von Tätern und Opfern wechseln sich im Laufe der menschlichen Inkarnationen ab. In gewisser Weise spielt man in jedem Leben eine andere Rolle. Dieses Spiel lässt sich endlos wiederholen, wenn Täter weiterhin angreifen und die Opfer den Tätern mit Rache und Vergeltungswünschen begegnen. Das ist der Normalfall des reaktiven Lebens in der Dualität. Übernimmt ein Opfer hingegen die Verantwortung für sein Leben und lernt, dem Täter wahrhaftig zu vergeben, holt es sich selbst aus seiner Opferrolle heraus. Da es ohne Opfer keinen Täter gibt, ist das Spiel schlagartig beendet. Der vergebende Teil ist frei und kann selbst über seine zukünftigen Erfahrungen bestimmen.

 

 

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  • Adresse: Erle, Kreis Borken
  • Koordinaten: L: 6.86555599999997, B: 51.746111